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Grüner Wasserstoff: Klimaschützer in vielerlei Gestalt 

Industrial Pipes
industrielle Rohre - Von MirkoVitali (Envato)

Mit grünem Wasserstoff lassen sich diverse klimaneutrale Brenn-, Kraft- und Grundstoffe herstellen. „Power to X“, kurz PtX, heißt dieses Konzept. Die gasförmigen oder flüssigen Produkte sind unverzichtbar, um etwa im Flug- und Schiffsverkehr oder in der Industrie fossile Energieträger zu ersetzen. 

Als echtes Multitalent ist grüner Wasserstoff das Schlüsselelement für Klimaschutz und Energiewende: Er lässt sich zum Beispiel als CO2-freier Ersatz für Erdgas verwenden, als Energieträger für Brennstoffzellen oder als Grundstoff und Reaktionsmittel in der Industrie. In diesen Anwendungen wird der Wasserstoff in elementarer Form eingesetzt. Ebenso wertvoll ist er jedoch als Baustein für chemische Verbindungen. Mit ihm lassen sich synthetische, klimaneutrale Brenn- und Kraftstoffe herstellen, die ihre fossilen Gegenstücke ersetzen können, ohne dass Motoren und Kraftwerkskessel angepasst werden müssen.

Die Produktion dieser Brenn-, Kraft- und Grundstoffe hat einen gemeinsamen Ausgangspunkt: der grüne Strom, der eingesetzt wird, um per Elektrolyse grünen Wasserstoff zu produzieren. Das spiegelt sich in dem Oberbegriff wider, unter dem Experten die jeweiligen Erzeugungsverfahren zusammenfassen – „Power to X“. Das X steht dabei für die Vielzahl der Energieträger, die sich mit dem in der Elektrolyse eingesetzten Strom als Ausgangspunkt herstellen lassen.

Die PtX-Produkte lassen sich in drei Kategorien aufteilen, abhängig von ihrer Energieform unterscheiden Fachleute hier: zwischen „Power to Gas“ (PtG), „Power to Liquid“ (PtL) und „Power to Heat (PtH)“. Dieser Artikel bezieht sich auf die Energieformen PtG und PtL, weil hier der Wasserstoffbezug gegeben ist. 

Gas geben: Vom Strom über Wasserstoff zu Methan und Ammoniak 

Basis aller PtX-Prozesse ist die Elektrolyse. Wird Wasser unter Strom gesetzt, trennen sich Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) voneinander – aus der Flüssigkeit werden zwei Gase. Der Wasserstoff lässt sich dann entweder pur nutzen oder aber auf dem PtG-Pfad zu anderen gasförmigen Energieträgern weiterverarbeiten. Ein Beispiel dafür ist die Methanisierung: Dabei wird der Wasserstoff mit Kohlendioxid zur Reaktion gebracht, sodass Methan, der wichtigste Bestandteil von Erdgas, entsteht. Ein weiteres PtG-Produkt ist Ammoniak, das sich durch eine Reaktion von Wasserstoff und Stickstoff herstellen lässt.

Das Prinzip der Wasserelektrolyse wurde bereits vor gut 220 Jahren entdeckt. Das Verfahren wird schon seit langem industriell eingesetzt. In Brunsbüttel zum Beispiel, bei Flensburg oder nahe Husum erzeugen Elektrolyseure aus Windstrom grünen Wasserstoff. Forschungsbedarf gibt es hier aber dennoch. So arbeiten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie etwa daran, die Wirkungsgrade der Elektrolyseure zu erhöhen und die Kosten zu reduzieren.  

Auch für die weiteren PtG-Prozessschritte stehen die Technologien bereits heute oder in naher Zukunft zur Verfügung: Einige Verfahren zum Abscheiden des benötigten CO2 aus Abgasströmen haben die Marktreife fast erreicht, ebenso ein Prozess für die chemische Methanisierung. Das Verfahren zur Ammoniak-Herstellung nach dem Haber-Bosch-Verfahren wendet die chemische Industrie gar schon seit Jahrzehnten in großtechnischem Maßstab an, etwa zur Produktion von Düngemitteln. Hierbei wird Ammoniak aus den Ausgangsstoffen Wasserstoff und Luftstickstoff produziert. 

Immer flüssig: Klimaneutrale Kraftstoffe aus Wasserstoff und CO2

Hydrogen emissions symbol, Industrial ecology zero emissions technology hydrogen generation.
Symbol für Wasserstoffemissionen, Industrieökologie, Nullemissionstechnologie, Wasserstofferzeugung. - Von FabianMontano (Envato)

Über den PtL-Pfad kann die Industrie klimaneutrale flüssige Kraftstoffe (E-Fuels) herstellen, die mit Benzin, Diesel oder Kerosin chemisch nahezu identisch sind. Auch hier dienen Wasserstoff und Kohlendioxid als Ausgangsprodukte. Durch eine Reaktion entsteht ein Synthesegas, das mit dem so genannten Fischer-Tropsch-Verfahren verflüssigt wird. Dabei bildet sich eine Art Rohöl, aus dem Raffinerien dann beliebige Kraftstoffe machen können. Für die Synthesegaserzeugung auf dem PtL-Pfad gibt es bereits eine Reihe von Pilotanlagen, deren Kapazitäten jedoch recht überschaubar sind. Experten gehen aber davon aus, dass es bei einer großtechnischen Anwendung des Verfahrens keine nennenswerten Probleme geben wird. Einige der folgenden Schritte im PtL-Prozess, etwa das Fischer-Tropsch-Verfahren, haben die Marktreife nahezu erreicht, andere sind noch etwas weiter davon entfernt

Ein weiterer PtL-Pfad neben dem Fischer-Tropsch-Verfahren ist die Methanol-Route. Der Vorteil hierbei ist, die direkte Nutzung von Wasserstoff und CO2, wobei der Zwischenschritt der Synthesegaserzeugung entfällt und die damit verbundenen Energieverluste vermieden werden.

PtX für Klimaschutz und Energiewende unverzichtbar

Auf dem langen Weg vom Strom zum klimaneutralen Methan, Ammoniak oder zu den Kraftstoffen geht bei den einzelnen Prozessschritten allerdings viel Energie verloren. Das beginnt bei der Elektrolyse: Nur etwa zwei Drittel bis drei Viertel, der dort in Form von Strom eingesetzten Energie finden sich im erzeugten Wasserstoff wieder. Der Rest entweicht als Abwärmedie sich aber für die Fernwärmeversorgung nutzen lässt, wie das etwa im nordfriesischen Bosbüll geschieht.

Auch für die weiteren PtX-Schritte muss Energie aufgewendet werden, was die Effizienz weiter mindert. So stecken etwa in E-Fuels gerade einmal 55 Prozent der Energie, die ursprünglich als Strom in den Prozess eingebracht wurde. 

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