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Mit Sicherheit Wasserstoff

Wasserstoff ist leichtentzündlich. Dadurch birgt er gewisse Risiken, die bei seiner Handhabung zu berücksichtigen sind. Jahrzehntelange Erfahrungen mit der Speicherung und dem Transport von Wasserstoff in der Industrie zeigen, dass dessen Nutzung technisch beherrschbar ist. Trotzdem sind hohe Sicherheitsstandards beim Umgang mit Wasserstoff einzuhalten, um Gefahren wie Explosionen oder Wasserstoffversprödung zu vermeiden.

Vielleicht ist es das Bild vom Feuerball über dem Luftschiff „Hindenburg“ aus dem Jahr 1937, das, tief verankert im kollektiven Bewusstsein, bis heute den Eindruck vermittelt, Wasserstoff sei ein Vielfaches gefährlicher als andere Energieträger. Bis heute ist ungeklärt, wie es zu dieser Explosion kam. Eines ist aber gewiss: Die technischen Standards sind weit fortgeschritten, sodass die Risiken im Umgang mit Wasserstoff beherrschbar sind.

Dennoch gilt der Einsatz von Wasserstoff vor allem im Verkehr als Sicherheitsrisiko. Die Sorge: Brennstoffzellen-Fahrzeuge geraten schnell in Flammen und an Wasserstoff-Tankstellen könnte es zu Explosionen kommen. Dass so etwas unter gewissen Umständen passieren kann, zeigt der Vorfall an einer Tankstelle in Norwegen im Sommer 2019, bei der zwei Menschen verletzt wurden. Zwar hat eine Untersuchung gezeigt, dass nicht die Technologie selbst, sondern ein grober Montagefehler das Unglück verursacht hat. Ungeachtet dessen nährt der Vorfall die Skepsis gegenüber Wasserstoff.

Einige Risiken beim Umgang mit Wasserstoff

Eine ganze Reihe von Vorschriften und Normen stellt sicher, dass die Wasserstoff-Infrastruktur höchsten Sicherheitsansprüchen gerecht wird. Die Beförderung per LKW zum Beispiel unterliegt den Vorgaben für den Gefahrguttransport, die Zulassung und der Betrieb von Wasserstoff-Tankstellen unter anderem der Betriebssicherheitsverordnung. Hier gelten sie als überwachungsbedürftige Anlagen und sind deshalb regelmäßig zu überprüfen. Größere Anlagen brauchen zusätzlich eine Genehmigung nach dem Immissionsschutzgesetz.

Für Brennstoffzellen gibt es eine eigene Normenfamilie, die etwa Sicherheitsprüfungen und Installationsregeln festschreibt. Andere Normen definieren Anforderungen an die Auslegung und Herstellung von Flaschen und Druckbehältern für Wasserstoff sowie an Handhabung, Einbau, Inspektion und Wartung von Wasserstoff-Zapfsäulen – um nur einige Beispiele zu nennen.

Im Freien geringere Brandgefahr als bei Benzin

Und wenn doch einmal Wasserstoff austreten sollte, etwa bei einem schweren Verkehrsunfall? Eine gefährliche Situation, keine Frage. Allerdings sind die konventionellen Kraftstoffe in diesem Fall nicht weniger problematisch. Ganz im Gegenteil: Benzindämpfe entflammen noch leichter als Wasserstoff, betont der TÜV Süd. So hat Benzin eine niedrigere Zündtemperatur. Die Brandgefahr ist deshalb höher, wenn der Kraftstoff auf heiße Oberflächen trifft. Entzündet sich Benzin, bildet sich ein gefährlicher Brandteppich. 

Gasförmiger Wasserstoff ist 14-mal leichter als Luft und auch als zündfähiges Gemisch mit Luft hat es nur eine kurze Aufenthaltszeit, in der es sich in der Nähe bodennaher Zündquellen befindet, bevor es nach oben entweicht – im Brandfall als Stichflamme, die eine sehr hohe Verbrennungsgeschwindigkeit aufweist. Benzindampf dagegen bleibt deutlich länger in Bodennähe, wo das Zündrisiko am höchsten ist. Dazu kommt, dass eine Wasserstoff-Flamme weniger Wärme abstrahlt als brennendes Benzin. In der Folge wird es im Umkreis nicht so heiß. Damit sinkt das Risiko, dass Gegenstände in der Nähe, etwa andere Fahrzeuge, ebenfalls Feuer fangen. 

Wasserstoff selbst ist nicht explosionsfähig und kann nur in Mischungsverhältnissen ab 4% H2 in Luft gezündet werden. Detonationen treten in freier Luft praktisch nicht auf, müssen aber in beengten und stark verbauten Räumen durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen verhindert werden. Wasserstoffleckagen sind aufgrund der Farb- und Geruchslosigkeit des Stoffes schwer zu bemerken. Die Verwendung in geschlossenen Räumen ist bei ausreichender Belüftung unproblematisch.

Wenn der Wasserstoff in einer Umfallsituation komprimiert und abgekapselt bliebe, etwa in einem Drucktank, ist der Wasserstoff so gut vor der Entzündung geschützt, dass eine Explosion sehr unwahrscheinlich ist. Aus diesen Gründen ist Wasserstoff vor allem im Freien dem Benzin in vielen Punkten sicherheitstechnisch überlegen, resümiert der TÜV Süd. 

Ausgereifte Technologie, erprobte Werkstoffe

Der Umgang mit Wasserstoff ist nicht in allen Sektoren neu. Die Industrie verfügt hier über viel Erfahrung, da sie Wasserstoff seit Jahrzehnten in sehr großen Mengen als Grundstoff für vielerlei Prozesse und Produkte einsetzt. So sind die Technologien zum Transport und zur Speicherung, etwa Druckbehälter oder Tanks für flüssigen Wasserstoff, ausgereift und die Werkstoffe erprobt. Die Behälter und ihre Zuleitungen werden entsprechend der zu erwartenden Belastungen ausgelegt und konstruiert. Gleiches gilt für die Anlagen oder auch Wasserstoff-Tankstellen – hier profitieren die Betreiber von der langjährigen Erfahrung mit Autogas (LPG) und verdichtetem Erdgas (CNG).

Auch dem Phänomen der Wasserstoffversprödung mancher Metalle können die Hersteller von Pipelines oder Tanks und anderen Bauteilen heute wirksam begegnen. Die Versprödung entsteht dadurch, dass der Wasserstoff in das Kristallgitter der Metalle eindringt, dessen Zusammenhalt schwächt und so etwaig vorhandene hauchfeine Spannungsrisse vergrößert. Das verhindern die Unternehmen unter anderem durch eine spannungsmindernde Gestaltung der Werkstücke oder durch spezielle Oberflächenbeschichtungen. 

Es gibt gute Gründe, dem Thema Sicherheit beim Umgang mit Wasserstoff allerhöchste Priorität zu geben. Unerwartete Komplikationen können wie bei jedem anderen Brennstoff auftreten, bei der Nutzung von Wasserstoff unter Einhaltung der geltenden Sicherheitsstandards entstehen aber letztlich keine größeren Gefahren als bei den herkömmlichen Energieträgern. Im Unterschied zu anderen Brennstoffen ist Wasserstoff nicht explosionsfähig, selbstentzündlich oder oxidierend (brand-fördernd). Er ist weder giftig noch ätzend oder radioaktiv. Auch gefährdet er das Wasser nicht und ist nicht fruchtschädigend. Bei der Verbrennung von Wasserstoff mit Sauerstoff entstehen reines Wasser und Wärme weitestgehend ohne Abgabe von Luftschadstoffen.

Wasserstoff hat von allen herkömmlichen Brennstoffen die höchste Energiedichte pro Masse. Diese Tatsache birgt neben den beschriebenen Risiken auch sehr viele Chancen. Eine kontrollierte Nutzung der Energie im Wasserstoff kann und wird einen großen Teil zu der Energiewende in Deutschland beitragen.

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